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Was ist Islamfeindschaft und was nicht

Islamfeindschaft beruht auf  klassischen Vorurteilen und falscher Verallgemeinerung. Tteils haben die Vorurteile eine Faktenbasis, teils sind Pauschalisierungen am Werk. Islamistische Terroranschläge sind eine Tatsache, werden aber weltweit nur von einer Minderheit unter den Muslimen verübt, die entweder einschlägigen islamistischen Terrororganisationen angehören oder in ihrem Sinne handeln. Das festzustellen, ist nicht islamfeindlich. Muslime generell als potentielle Terroristen anzusehen, wäre islamfeindlich. (Allerdings kenne ich nur Leute, die behaupten, dass das in Deutschland der Fall wäre, aber niemanden – außer seinerzeit den Mörder Marwa el-Sherbinis -, der Muslime in dieser Weise wahrnimmt.) Welteroberungsbekundungen von Islamisten sind Legion und auf der Plattform Memri gut belegt (https://de.wikipedia.org/wiki/Middle_East_Media_Research_Institute). Sie sind weder Fiktion noch eine Verschwörungsfantasie, sondern eine schlichte historische wie aktuelle Tatsache, die festzustellen nicht islamfeindlich ist. Muslimen pauschal zu unterstellen, sie würden ein Kalifat errichten wollen, wäre dagegen islamfeindlich. Frauen und Männer haben im Islam nicht die gleichen Rechte. (Wie übrigens auch nicht in der katholischen Kirche.) Das festzustellen, ist nicht islamfeindlich. Frauen aus islamisch geprägten Kulturen pauschal als unfrei, unmündig und unterdrückt wahrzunehmen, wäre islamfeindlich. Gegen das islamische Kopftuch bei Kindern und Lehrerinnen an öffentlichen Schulen zu sein, ist nicht islamfeindlich. Einer erwachsenen Frau, die ein Kopftuch trägt, mit weniger Achtung zu begegnen als allen anderen Frauen, wäre islamfeindlich. Todesurteile wegen Homosexualität sind aus vielen islamischen Ländern bekannt und werden dort nach wie vor vollstreckt. Dieses festzustellen, ist nicht islamfeindlich. Muslimen grundsätzlich Homosexuellenfeindlichkeit zu unterstellen, wäre islamfeindlich.

Die Mohammed-Karikaturen der dänischen Tageszeitung „Jyllands-Posten“ und die Karikaturen, die ich von „Charlie Hebdo“ noch in Erinnerung habe, waren nicht islamfeindlich. Ganz einfach, weil sie erstens den Propheten betrafen, also eine religiös-mythologische Figur wie das auch Jesus und die ganze Personnage der Bibel wäre, oder aber geistliche Würdenträger und eben keine Muslime als solche. Zweitens berufen sich Terroristen auf Mohammed und den Islam, weshalb die Darstellung des Propheten mit einer Bombe als Turban maximal als geschmacklos, aber beim besten Willen nicht als islamfeindlich gelten kann. Drittens ist es falsch, um nicht zu sagen: eine glatte Erfindung oder Lüge,  zu behaupten, dass die in „Jyllands-Posten“ oder „Charlie Hebdo“ abgebildeten Figuren Hakennasen gehabt hätten. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/der-anschlag-auf-salman-rushdie-und-die-fathwa-18275334.html  Allerdings kann ich mir denken, wie die Verfasser auf diese Behauptung kommen: Edward Said hatte in seinem antiwestlichen und antizionistischen Buch „Orientalismus“ (1978) ohne Belege behauptet, Araber seien auf Karikaturen während der Ölkrise 1973 in amerikanischen Magazinen mit Hakennasen dargestellt worden. Weder gibt es bei Said eine Abbildung noch führt er einen Erscheinungsort und ein Erscheinungsdatum dieser Karikaturen an. Sie dienen ihm dennoch zur Behauptung der weitreichenden These, Juden wären durch Araber ersetzt worden, weil die biologistisch-rassistische Darstellungsweise von den einen auf die anderen übergegangen wäre. Es war Edward Said, der behauptete, Araber und Muslime seien vom Antisemitismus genauso, ja eigentlich noch viel stärker betroffen als Juden. Kurzum, er machte Täter zu Opfern, denn Araber waren in Gestalt des Mufti von Jerusalem, Haj Amin al-Husseini in die Shoah verstrickt und jüdische Israelis gerade in den 1970er Jahren das Ziel mörderischer Terrorattacken, allen voran dem Olympia-Attentat von 1972, das sich am 5. September zum 50. Mal jährt. Mit Religionskritik haben die „Stürmer“-Karikaturen auf der documenta 15 allein schon deshalb nichts zu tun, lieber Meron Mendel – und das wissen Sie sehr genau -, weil sie Juden und jüdische Israelis abbildeten, keine geistlichen Würdenträger oder Propheten und weil es zwar nichtreligiöse Juden gibt, aber streng genommen keine nichtreligiösen Christen und auch keine nichtreligiösen Muslime. Einen Straftatbestand namens Apostasie aber gibt es heutzutage nur im Islam. Über das jüdische Selbstverständnis wird innerjüdisch viel gestritten, aber seit biblischen Zeiten sind Juden eben immer auch das Volk Israel und eine – wenn auch nicht im modernen Sinn – Nation. Übrigens wurden Juden in Europa, dem zaristischen Russland, in Nordafrika oder dem Nahen Osten nie deshalb verfolgt, weil sie eine Minderheit gewesen wären, denn das waren andere auch. Sie wurden verfolgt, weil Christen und Muslime an ihre Stelle zu treten wünschten, die jüdische Überlieferung für sich als Vorgeschichte beanspruchten – weshalb sie das Judentum für überkommen und beendet erklärten – und deshalb bedrohliche Absurditäten über Juden erfanden, die faktisch immer nur christliche und islamische Aggressionen der Verunsicherung darstellten. Das war so prägend, dass es beständig wiederholt, modernisiert und den sich wandelnden Zeitläuften angepasst wurde, selbst die Aufklärung und sogar die Shoahüberlebte und bis heute andauert. Namentlich das Ersetzen-wollen, wie der groteske Vergleich von Antisemitismus und „Islamophobie“ überdeutlich gezeigt hat.

Muslime können fundamentalistisch sein, sind aber hierzulande in ihrer weit überwiegenden Mehrheit säkular = sie leben und akzeptieren wie die meisten nichtmuslimischen Staatsbürger selbstverständlich die Trennung von Staat und Religion. Sie sind Kulturmuslime wie Cem Özdemir oder Bassam Tibi, liberale Muslime wie Abdel-Hakim Ourghi oder Seyran Ates, können Agnostiker sein wie Ahmad Mansour, Necla Kelek oder Naila Chikhi, aber auch erklärte Atheisten wie die Kemalisten oder wie Hamed-Abdel Samad oder wie die entschiedene Ex-Muslimin Mina Ahadi. Die Namen dienen der Veranschaulichung, weil dann alle sofort wissen, welche      Spielarten, Muslim oder Ex-Muslim zu sein, sich in der Bundesrepublik schon auf den allerersten Blick finden lassen. Die meisten der Genannten kritisieren die traditionellen Formen des Islam. Entweder halten sie den Islam für reformbedürftig oder sie lehnen ihn wie jede andere Religion ab. Religionskritik gehört zu den Säulen der europäischen Moderne. Auch eine nichtmuslimische Islamkritik ist nicht islamfeindlich, wenn sie faktenbasiert ist und zutrifft. Alle oben Genannten kritisieren den islamischen Fundamentalismus = Islamismus = politischen Islam, sei es in seiner legalistischen Form wie die hiesigen Islamverbände, sei es in seiner terroristischen Form. Deshalb müssen viele von ihnen mit Polizeischutz leben. Der Kampf gegen den politischen Islam = Islamismus ist nicht nur nicht islamfeindlich, sondern Bürgerpflicht aller liberalen Demokraten, ob Muslim oder nicht, ganz genauso wie der Kampf gegen Rechts- und Linksextremisten! Es geht hier wie dort um die Verteidigung unserer juristischen und politischen Ordnung, weil der politische Islam die gesellschaftliche Umgestaltung zugunsten islamischer Regularien anstrebt. Zuerst unter den hier lebenden Muslimen, versteht sich, weshalb wir ihnen beizustehen haben! Es ist übrigens Unsinn, dass christliche oder jüdische Fundamentalisten unsere Werte- und Grundordnung in ähnlicher Weise herausfordern würden, auch wenn uns das einige Genies aus dem Kultur- und Wissenschaftsbetrieb einzureden versuchen, ohne freilich die dafür nötigen Belege beibringen zu können.