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„Wahre Demokratien“ sind lupenreine Diktaturen!

Das wissen wir seit den Debatten in den europäischen Feuilletons der 1920/30er Jahre. Es ist nichts, worüber wir heute diskutieren müssten! Was uns Putin, Lawrow, Xi Jinping heute als vermeintlich bedenkenswerte Überlegungen auftischen, ist intellektuelles Gammelfleisch mit Modergeruch in rostigen Konserven. Falls überhaupt, sollten wir uns bestenfalls fragen, was in der politischen Sozialisation von Leuten wie Gabriele Krone-Schmalz, Sahra Wagenknecht, Jakob Augstein, Alice Weidel, Kevin Kühnert oder Margarete Stokowski mit ihrem Woke-Totalitarismus schiefgelaufen ist – immerhin Vertreter verschiedener Generationen -, dass Putins uralte Psychotechniken bei ihnen nach wie vor verfangen. Das gilt auch für einige Politikwissenschaftler, die ihre akademischen Sandkastenspiele auf die aktuelle Faktenwelt anzuwenden wünschen, obwohl sie es besser wissen müssten und sollten. Wir benötigen nicht noch mehr vernebelnde ‚Theorien‘, die uns daran hindern Fakten von Gefühls- und Gedankenwelten zu unterscheiden.

Putin und Xi Jinping benutzen den alten Trick, modernen Massendemokratien den antiken Begriff der „Volksherrschaft“ (demos = Volk, kratos = Herrschaft) zu unterlegen. „Volk“ definieren sie sozial. Darunter verstehen sie nicht die Bevölkerung souveräner Nationalstaaten. Sie adressieren eine romantische, dem 19. Jahrhundert entlehnte Vorstellung von unterdrückten, entrechteten und illegitim beherrschten ‚unteren‘ Volksmassen. „Bürger“ sind in ihren Augen nicht Staatsbürger mit individuell einklagbaren Grund- und Freiheitsrechten. Es ist der Bourgeois und „Volksfeind“, der das Arbeitervolk – das Proletariat – ausbeutet, es der Früchte seiner Mühen beraubt und ihnen keinerlei Rechte zugesteht. Darum sind freie und geheime Wahlen, Parlamentarismus, Rechtsstaatlichkeit (rule of law), Gewaltenteilung = Machtbegrenzungen (checks and balances), unabhängige Medien etc.pp aus ihrer Sicht nur „formaler“ Schnickschnack und nicht etwa die vermittelnden Instrumentarien und Instanzen, die einen „Volkswillen“ überhaupt erst hervorbringen, die Interessen in einer sozial und politisch pluralistischen Gesellschaft vermitteln und über Kompromisse ausgleichen. Das marxistische Rätemodell, an dem sich viele 68er in den 1970er Jahren berauschten, kennt übrigens ebenfalls keine Gewaltenteilung = Machtbegrenzungen. Gerade sie sind aber der Garant und felsenfeste Grund dafür, dass die „Make great again“-Fantasien der Donald Trumps und Brexetiers in der westlichen Welt immer wieder wie Seifenblasen platzen, während aus dem Albtraum von Putins Großmannssucht für die Ukrainer blutige Realität geworden ist. Was die viel beschworene ‚Gerechtigkeit‘ der social justice warriors im Westen betrifft, so ist dazu anzumerken, dass Gerechtigkeit keine politische, sondern eine Kategorie monotheistischer Religionen ist und weder ein Kriterium noch ein Indikator für das Funktionieren liberaler Demokratien. Erinnern Sie sich noch an den Spruch mancher Ossis: „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat“? Wieviel religiöses Wunschdenken und wieviel Verachtung für die Stärke des Rechts statt des Rechts des Stärkeren in solchen verlogenen und infantilen Allmachtsallüren doch steckt! Selbst ein so versierter Staatsrechtler wie der Sozialdemokrat Hans Kelsen wusste nicht zu sagen, was unter Gerechtigkeit über den Sinn eines historisch jeweils konkret zu bestimmenden Ausgleichs hinaus zu verstehen ist. Das Sozialstaatsprinzip ist grundgesetzlich verankert, weil es seit dem 19. Jahrhundert von Rechten (Christsozialen) wie Linken (Sozialdemokraten) als unentbehrlich erachtet worden ist. Für die Durchsetzung „sozialer Gerechtigkeit“ kann man sich einsetzen, aber so zu tun, als wüsste man selber am besten was gerecht ist und was nicht, ist anmaßend und auch ein bisschen lächerlich. Auch religiöse, kulturelle und ethnische Vielfalt ist zwar ein Fakt, aber ebenfalls kein Indikator für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, da diesbezügliche Mehr- und Minderheiten politisch und sozial heterogen sind und sich das Grundgesetz auf das Individuum bezieht. Die Kollektivbevorzugungen, die Multikulturalisten hierzulande anstreben, sind Identitätspolitik und so verfassungswidrig wie die Forderung der Alternative für Deutschland (AfD), autochthone Deutsche kulturell und rechtlich zu privilegieren.

Bei Putin und Xi Jinping ist der angeblich unvermittelt zugängliche „Volkswille“ zumindest den Führungskadern ihrer Parteien bereits bekannt und wird in ihren staatssozialistischen bzw. staatskapitalistischen Systemen bloß noch exekutiert. Darum halten sie sich für die wahren Demokraten, obwohl sie faktisch lupenreine Diktatoren sind, die Ausbeutung, Unfreiheit und Entrechtung in einem Stil betreiben, den liberale Demokratien in dieser Form und in diesem Ausmaß überhaupt nicht mehr kennen. Mit prekären Beschäftigungsverhältnissen implementieren wir allerdings unsere längst schon einmal überholte Vergangenheit seit einiger Zeit erneut. Das sollten wir schleunigst ändern. In Russland und der VR China sind politische, juristische und wirtschaftliche Missstände   jenseits staatlicher Funktionärseliten, Oligarchen, gar vergleichsweise wohlhabender Mittelständler, die bei Widerspruch jederzeit verhaftet, enteignet und entrechtet werden können, trauriger Alltag.