Am Samstag hat im Zuge der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung ein Mob aus Rechtsextremisten, Reichsbürgern, Neonazis und Teilen der AfD die Absperrung zum Bundestag durchbrochen und auf den Stufen des alten Reichstagsgebäudes posiert. Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte so etwas mit seinem Demonstrationsverbot verhindern wollen, aber den Verfahrensfehler begangen, die Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit parteipolitisch und nicht mit der zu erwartenden Verletzung von Abstandsgebot und Maskenpflicht zu begründen. Recht behalten hat er trotzdem. Dies vor allem deshalb, weil die Rechtsaußenmeute eine eigene, vom Protest gegen die Coronapolitik unabhängige Agenda verfolgt. Das könnten auch die Veranstalter der Demonstration wissen und berücksichtigen. Es interessiert sie aber nicht die Bohne und schon deshalb hatte ich Geisels beherztes, juristisch leider nicht wasserfestes Verbot begrüßt. Wer die Feinde der Demokratie nicht früh und energisch genug in die Schranken weist, hat es später im besten Fall schwerer, das zu erreichen, und im schlimmsten Fall noch nicht mal mehr die Chance, es auch nur zu bedauern. Inzwischen haben Politiker_innen, Mitarbeiter_innen in Behörden und Bildungseinrichtungen gelernt, dass schwarz-weiß-rote Fahnen nicht einfach ein historisches Symbol für das wilhelminische Kaiserreich sind, sondern seit den 1990er Jahren als Ersatzkennzeichen für die verbotene Hakenkreuzfahne fungieren. Das zu erkennen, ist aber nur das eine. Heute ist es genauso entscheidend, sich klarzumachen, dass, warum und wofür man in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie lebt. Am vergangenen Samstag griffen Rechtsextremisten und Rechtspopulisten unsere liberale Demokratie an. Unter den vielen Verschwörungsfantasten, die heutzutage gegen die Coronamaßnahmen unterwegs sind, finden sich allerdings auch Linke wie das Beispiel von Anselm Lenz zeigt, der in einem Interview im Deutschlandfunk seine kruden Ideen auch noch unwidersprochen ausbreiten durfte https://uebermedien.de/52107/oder-soll-man-es-lassen-ja/
Es genügt nicht, gegen Rechtsextreme zu sein, weil man irgendwie „links“ tickt oder zumindest glaubt, das zu tun. Besser wäre es, zu wissen, weshalb genau man für die liberale Demokratie eintritt, sonst läuft man Gefahr, anderen Demagogen auf den Leim zu gehen. Verschwörungsfantasten sind im Übrigen meistens Demokratiefeinde und so gut wie immer Antisemiten.