Tilman Nagel ist einer der profundesten Kenner des Islam und seiner Geschichte in Deutschland. Er hat seine wissenschaftlichen Meriten in einer Zeit erworben, als es noch üblich war, Islamwissenschaftlern nicht nur Arabisch, sondern die Kenntnis alter Sprachen wie Aramäisch, Hebräisch, Griechisch und Latein abzuverlangen. Mindestens Aramäisch und Hebräisch sollten Islamwissenschaftler beherrschen, um überprüfen und einschätzen zu können, woher viele der Konzepte stammen, die sich der Islam kulturell angeeignet hat. Man könnte in diesem Fall auch „usurpiert“ sagen, weil der Islam die, die er dabei zugleich enterbt hat, Juden und Christen, herabwürdigt, unterwirft und gelegentlich um einen ganzen Kopf kürzer macht.
Nagel war einst Mitglied der Deutschen Islamkonferenz. Bis er den Politikern und den Islamfunktionären zu sehr auf die Nerven ging mit seiner Forderung, die Unvereinbarkeit der Menschenbilder von Islam und westlicher Welt zu thematisieren. Dass der Islam seine Daseins- und Rechtsform für die vollkommenste aller Vorstellungswelten, unveränderbar, durch menschliches Handeln nicht anfechtbar und diesem haushoch überlegen hält, konnte man schon 1990 erfahren, als die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam, die die Scharia zur Grundlage hat, Front gegen die UN-Menschenrechtserklärung von 1948 machte. Denn wer die Menschenrechte an die Scharia bindet, schränkt sie unweigerlich ein und setzt sie außer Kraft. Das betrifft neben den Freiheitsrechten auch die Gleichberechtigung von Frau und Mann.
Die Soziologin Necla Kelek hat unermüdlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Kairoer Erklärung auf der Vorstellung einer Umma basiert, der Gemeinschaft der Muslime, und nicht, wie die UN-Menschenrechtskonvention, auf dem menschlichen Individuum, egal, ob es überhaupt einer Religion angehört oder nicht. Die Kairoer Erklärung macht eine historische Rolle rückwärts. Und sie formuliert einen Überlegenheitsanspruch des Islam, denn Japaner, Inder oder Chinesen verlangen von der geltenden Menschenrechtskonvention schließlich auch nicht, sie möge mit dem Shintoismus, mit dem Buddhismus, dem Hinduismus oder den Lehren des Konfuzius vereinbar sein oder aber hätte nur eingeschränkt in Rückbindung an diese Religionen und Kulturen Geltung.
Vor einigen Jahren hat Nagel in der Bibliothek des Konservatismus einen brillanten Vortrag über den Islam gehalten, den anzuhören sich lohnt: https://www.youtube.com/watch?v=mQUzmSmxkuY
Das Verhältnis der Michael Lüders, Sabine Schiffers und Riem Spielhausens oder noch jüngerer Schmalspurislamwissenschaftler zum Islam wird wahrscheinlich von der gleichen „schwärmerischen“ Art sein, wie sie Annemarie Schimmel einst an den Tag gelegt hat. Schon bei Gudrun Krämer bin ich mir nicht immer so recht sicher, ob sie vom real existierenden Islam spricht oder von ihrer Wunschfantasie.
Viel Gedanken über den Islam wird sich Angela Merkel nicht gemacht haben, als sie beschloss, der Einreise hunderttausender, in islamischen Kulturen sozialisierter junger Männer grünes Licht zu geben. Dass sie wusste, was sie tat, glaube ich nicht. Und ich glaube erst recht nicht, dass Nancy Faeser, Lisa Paus, Annalena Baerbock et al auch nur den Schimmer einer Ahnung haben, was sie tun. Übrigens konnte man das entsprechende Dominanzgebaren gepaart mit einer Anspruchshaltung bei Ferda Ataman, Kübra Gümüsay oder Mohammed Amjahid recht gut beobachten. Glücklicherweise sind sehr viele hier lebende Muslime, Atheisten oder Agnostiker, die selbst oder deren Eltern aus islamischen Ländern eingewandert sind, nicht so.