Sehr geehrte Frau Schulz,
Ihr Interview mit Juanita Villamor von der Neuköllner Begegnungsstätte und der dazugehörigen Dar-as-Salam-Moschee war für kundige Hörer aufschlussreich. Sie glaubten, die großen islamistischen Dachverbände umgangen zu haben, indem Sie mit Frau Villamor sprachen, doch die Wahrheit ist, dass die NBS als Mitglied dem muslimbrüdernahen Zentralrat der Muslime angehört. Sie sprachen also mit einer Vertreterin aus der Höhle des Löwen! Und nicht wie Sie annahmen und Ihren Hörern weismachen wollten, mit einer von den problematischen Dachverbänden unabhängigen Instanz. Das hätten Sie über wenige Klicks auf wikipedia selbst herausfinden können (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Neuk%C3%B6llner_Begegnungsst%C3%A4tte).
Wenn die NBS und die Dar-as-Salam-Moschee Mitglied eines Dachverbands ist, der den Muslimbrüdern nahesteht und die Terrororganisation Hamas, die letzten Samstag das Pogrom an der Zivilbevölkerung im Süden Israels verübt hat, ein Zweig der Muslimbrüder ist, wird sich die Empathie der Moscheebesucher beim gestrigen Freitagsgebet in Grenzen gehalten haben. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Imame dieses Moscheevereins irgendeine auch nur in Ansätzen glaubwürdige Rolle bei der Bekämpfung von Judenhass spielen könnten!
Öffentlich und gegenüber Vertretern der hiesigen Politik wie ein Wolf im Schafspelz zu reden und aufzutreten, ist seit Jahrzehnten Teil der Strategie von Vertretern des legalistischen Islamismus, um in westlichen Gesellschaften Fuß zu fassen.
Der Verweis auf „antimuslimischen Rassismus“ und die angeblichen Vorurteile gegenüber Muslimen, den Frau Villamor geschickt in ihre Antworten einflocht, hätte bei Ihnen die Alarmglocken – ach was, ein Sturmgeläut – Klingeln lassen müssen. Es ist kein Vorurteil, dass die Dar-as-Salam-Moschee der Hamas nahesteht, sondern ein Fakt! Es ist kein Vorurteil, dass die Hamas die Vernichtung Israels und aller Juden auf der Welt anstrebt, sondern ein Fakt, denn es steht so schwarz auf weiß in ihrer Charta! Es ist kein Vorurteil, dass die Hamas letzten Samstag 1300 Israelis abgeschlachtet hat – überwiegend Zivilisten, Babys, Kinder, Frauen, Männer, alte Menschen, Holocaust-Überlebende – und um die 150 Geiseln in den Gaza-Streifen verschleppt hat, sondern ein Fakt!
Und Sie führen ein Interview mit der Vertreterin einer Einrichtung, die zu den Freunden der Terrororganisation Hamas zählt und erwarten allen Ernstes eine aufrichtige Stellungnahme? Wenn Sie schon glauben, ein solches Interview knapp eine Woche nach der Mordorgie mit der Vertreterin einer solchen Einrichtung führen zu müssen, hätten Ihre Fragen informierter, punktgenauer und vor allem schärfer ausfallen müssen. So haben Sie bloß der Vertreterin eines islamistischen, Muslimbruder-nahen Moscheevereins die Gelegenheit geboten, ihre übliche Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben und sich als empathiewürdiges Opfer vermeintlicher rassistischer Vorurteile zu inszenieren. Und dabei auch noch alle in diesem Land zu verhöhnen mit der lächerlichen Einladung, sich bei einem Moscheebesuch selbst ein Bild von den Freitagspredigten zu machen. Einschließlich aller islamkritischen Araber und Muslime, die solche Moscheen und Begegnungsstätten meiden, weil sie entweder wegen einschlägiger Morddrohungen aus genau diesen Milieus unter Polizeischutz zu leben gezwungen sind, nicht an konservativ-reaktionären islamischen Ansprachen interessiert sind oder – wie die meisten in diesem Land – kein Arabisch verstehen, weil sie beispielsweise türkischer, bosnischer, kosovarischer, usbekischer etc. Herkunft sind und die Amtssprache dieses Landes nun einmal Deutsch ist. Es ist Aufgabe des Berliner Senats und der Sicherheitsbehörden, aber nicht der Bevölkerung, sicherzustellen, dass in Berliner Moscheen kein Judenhass, kein Hass auf die westliche Welt und kein Hass auf die mehrheitlich nicht-islamistische Gesellschaft ventiliert wird!
RBB-Kollegen von Ihnen wie Sascha Adamek, aber auch vom Bayerischen Rundfunk und von der „Zeit“ – Fernsehdokumentation „Geld, Macht, Katar“ (2022) – sind faktenreicher unterwegs gewesen als der Deutschlandfunk und belegen, dass die Moschee mit katarischem Geld und damit mithilfe der Muslimbrüder eingerichtet worden ist (https://www.sylke-kirschnick.de/2022/10/14/muslimbrueder-dar-as-salam-moschee-neukoellner-begegnungsstaetteislamistischer-imam-sie-muessen-bekifft-sein/). Dass die Moschee enge Beziehungen zur Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland pflegt, ist hinlänglich bekannt.
Falls Sie oder einer Ihrer Kollegen vorhaben, statt Vertreter von Moscheegemeinden des Zentralrats der Muslime nunmehr von Moscheevereinen der DITIB oder der Millî Görüs zu interviewen, dürfte das Ergebnis schon heute feststehen, denn Herr Erdogan hat entsprechende Vorgaben rausgeschickt: https://www.welt.de/politik/deutschland/plus247921716/Milli-Goerues-Gesellschaft-soll-fuer-islamistische-Normvorstellungen-empfaenglich-gemacht-werden.html.
Was bloß reitet öffentlich-rechtliche Journalisten, Mitgefühl für Juden und Israelis ausgerechnet bei Islamisten abzufragen oder ehrliche Antworten zu erhalten? Wollen Sie unbedingt eine muslimische Stimme, bitten Sie doch einfach Seyran Ates oder eines ihrer Moscheemitglieder um ein Interview, soll es außerdem eine arabische Stimme sein, fragen Sie doch Abdel Hakim Ourghi oder Achmad Mansour. Andernfalls ist der Deutschlandfunk keine Hilfe bei der Bekämpfung von Judenhass, sondern bleibt Teil des Problems.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sylke Kirschnick