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Grüne Kulturkämpfe oder Schwejk im Irrenhaus

Bismarck ahnte, dass Kaiser Wilhelm II., der ihn als Reichskanzler vor die Tür setzte, das Land an die Wand fahren würde. Zwei Jahrzehnte später geschah genau das. Warum sich Außenministerin Annalena Baerbock mit der  Umbenennung des Bismarck-Zimmers aufführt wie der junge Kaiser, warum sie im Ausland gelegentlich erzieherisch und weltpolitisch wie Wilhelm unterwegs ist – man denke an die Toiletten der Nigerianer – und weshalb sie von einem Sendungsbewusstsein beseelt ist, dass dem des letzten deutschen Kaisers in nichts nachsteht, „Kobold“ und 360-Grad-Wenden keine verzeihlichen Versprecher waren, sondern auf Präpotenz, sprachliches Unvermögen und die Abwesenheit gedanklicher Klarheit hindeuten, die sich mit einem solchen Amt, wie es Baerbock innehat, schlecht vertragen, mögen andere klären.

Ich bin nicht der Meinung, dass Baerbocks unmittelbare Amtsvorgänger gescheiter oder gebildeter gewesen wären als sie. Überhaupt nicht. Aber die Backen mit „feministischer Außenpolitik“ aufblasen und dann genau dort, wo sich dies als mehr als eine der üblichen Polit-Phrasen erweisen müsste, dröhnend vor sich hinzuschweigen, im Iran etwa, führt das ganze Desaster unserer aktuellen Regierungspolitiker vor Augen: Sie setzen auf lächerliche Schaugefechte in Gestalt von Kulturkämpfen, wo sie politisch verantwortungsbewusst und damit geistesgegenwärtig und hellsichtig handeln müssten.

Wann immer sich wer hierzulande dazu aufrafft, zentrale Grundlagen des Westens zu verteidigen, warnt irgendwer von den Grünen reflexhaft vor genau den Kulturkämpfen, die in Wahrheit die eigene Partei in einem fort lostritt, um die fachliche Inkompetenz des parteieigenen Personals zu bemänteln.
Eine „feministische Außenpolitik“ zu propagieren, gleichzeitig ein frauenfeindliches Selbstbestimmungsgesetz durchzudrücken und eine Asyl- und Migrationspolitik zu betreiben, die gemäß dem Recht des Stärkeren junge, gesunde Männer privilegiert, die vermutlich nicht viel von der Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen halten, ergibt keinen Sinn.

Die Tatsache, dass es zwei biologische Geschlechter und eine Handvoll Abweichungen davon gibt, lernt man in der Schule. Jeder darf darüber hinaus  seine soziale Geschlechterrolle leben, wie es ihm oder ihr beliebt. Auf mich wirkt das „Ampel“-Gesetzesvorhaben zur geschlechtlichen Selbstbestimmung wie ein Regress. Und ziemlich infantil. Um Transsexuelle zu schützen und zu entlasten – und nur die benötigen diesbezüglich staatliche Unterstützung -, müssen lediglich die Kosten für die Gutachten, die für eine Personenstandsänderung und die Krankenkassen weiterhin erforderlich sein sollten, übernommen werden. Damit sollte es sein Bewenden haben. Das Spiel mit Geschlechterrollen ist dagegen etwas völlig anderes, seit Jahrtausenden aus Kultur und Kunst bekannt und bedarf keiner gesetzlichen Regelung.

Zu glauben, dass man die Biologie aus unserem Leben verbannen, gar tilgen könne, ähnelt dem Spiel von Kindern, die mit ausgebreiteten Armen ausgiebig Luftrudern und geräuschvoll Flugzeugmotoren imitieren, um das Überwinden der Schwerkraft zu simulieren. Familienministerin Lisa Paus und ihr Queerbeauftragter Sven Lehmann können sich auf diese Weise gern ihre Freizeit vertreiben, doch im Beruf sind andere Qualitäten gefragt.

Besser wäre freilich, sie würden sich gemeinsam mit Justizminister Marco Buschmann den braven Soldaten Schwejk vornehmen und dort das Kapitel studieren, in dem Schwejk die Männerabteilung der psychiatrischen Anstalt genießt, weil sich dort jeder für alles ausgeben und alles sagen konnte, gerade so, als  befände er sich mitten im Parlament: Man konnte die Jungfrau Maria sein oder schwanger und alle zur Taufe einladen, den Professor oder den Kaiser geben, wie ein Schakal heulen und sich auf dem Erdboden wälzen, ohne dass irgendwer daran Anstoß genommen hätte. Eine Freiheit, schwärmte Schwejk, wie sie sich noch nicht mal die Sozialisten und, so muss man ergänzen, die Liberalen je hätten träumen lassen.

Es ist hundsgemein den Irren gegenüber, sie mit Mitgliedern des aktuellen Kabinetts zu vergleichen und ich bitte sie dafür um Verzeihung. Die Grünen bitte ich, das Illusionstheater künftig denen zu überlassen, die sich glaubwürdiger darauf verstehen.