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Savonarolas Kinder

Schon richtig, ganz stimmig ist die Analogie nicht. „Fridays for Future“ und die „Letzte Generation“ sind keine armen, sondern wohlstandsverwahrloste Kinder, denen es außer an elterlicher Zuwendung nie an etwas gefehlt haben dürfte.
Savonarola war ein italienischer Dominikanermönch zur Zeit der Renaissance. Als Buß- und Verzichtsprediger jagte er seinen Zeitgenossen im Florentiner Dom Angst vor quälenden Höllenstrafen ein. Das war um die Mitte der neunziger Jahre im ausgehenden 15. Jahrhundert. Kurz vor Luther also, der Savonarola für einen Heiligen hielt.
Die Päpste, die sich wie weltliche Herrscher aufführten, hatten damals Kinder und zahllose Geliebte, gaben Morde in Auftrag und spannen Intrigen. Die italienischen Städte – Mailand, Neapel, Genua, Venedig, Florenz u. a. – bekriegten einander. Die Handels- und Bankiersdynastie der Medici war längst etabliert, sollte Päpste und Königinnen hervorbringen. Vor allem förderten sie Kunst, Wissenschaft und neue Technologien. Donatello, Botticelli, Michelangelo, Leonardo bildhauerten, malten, zeichneten, erfanden. Mit ihnen gewann der Humanismus Gestalt, der sich Bahn gebrochen hatte.
Konstantinopel war ein paar Jahrzehnte zuvor – 1453, um genau zu sein – an die Osmanen gefallen und das gespeicherte Wissen der Antike, die immer schon morgenländisch gewesen ist, ins Abendland abgewandert, wo es die Renaissance befeuerte. In Spanien und Portugal hatten die Reconquista, die überseeischen Entdeckungen und Eroberungen begonnen.
Und plötzlich trat in Florenz ein fanatischer, vierzigjähriger Moralapostel auf den Plan, heuerte Kinder und Jugendliche als Soldaten und Polizisten an, die den öffentlichen Raum kontrollierten und die Florentiner in Angst und Schrecken versetzten. Im berüchtigten „Fegefeuer der Eitelkeiten“, großen Verbrennungsaktionen auf dem städtischen Marktplatz, erstickte der Gottesstaat Savonarolas das süße Leben: „heidnische“Schriften, Gemälde, Schmuck, Kosmetik, teure Kleidung, Spiegel, Mobiliar, Musikinstrumente, Noten, Kartenspiele u. a, die die Kinder und Jugendlichen den Florentinern entweder abgenommen hatten oder die sie, eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, selber herbeischleppten, wanderten in die Flammen. Das Ganze richtete sich gegen die verweltlichte Kirche und gegen die Bürger. Im „Namen Christi“, dem die Maler und bildhauer gerade begonnen hatten, ein menschliches Antlitz zu verpassen. Die hübschesten Heiligen sahen aus wie die teuersten Pflasterschwalben und die feschesten Stricher.
Fan von Renaissancepäpsten, Grausamkeiten, Mord und Totschlag bin ich nicht. Hoffe, die Buß- und Verzichtsprediger sind auch ohne einen Cesare Borgia noch zu stoppen. Weiß auch gar nicht, wem ich heute die Rolle Girolamo Savonarolas geben sollte. Es gibt gegenwärtig einfach zu viele von ihnen.
Auch deshalb begegnen uns so viele in Panik, Angst und Schrecken versetzte Kinder und Jugendliche, die Katastrophenszenarien an die Wand malen und Weltuntergangsstimmung verbreiten, bei „Fridays for Future“ und der „Letzten Generation“. Verzweiflung? Ja, aber nicht über die Klimapolitik, sondern über ihre offenkundig überforderten Eltern und Großeltern, die ihre Sprößlinge auch noch vermarkten anstatt ihnen Wege in die Beschäftigung mit Umwelttechnologien zu eröffnen, die sie weiterentwickeln und an denen sie tüfteln könnten. Vorausgesetzt, sie besuchen die Schule und demonstrieren an Wochenenden.
Die „Letzte Generation“ ist eine noch traurigere Erscheinung. Stellen ihre besten Jahre in den bezahlten Dienst von Fanatikern, die sie nur vorübergehend ernähren werden. Brechen Ausbildung und Studium ab, um ins berufliche Nichts zu steuern. Auf Anerkennung und Respekt dürfen sie nicht hoffen. Weil alles, was sie tun – einschließlich der Urlaubsreisen zwischen den Klebe-Aktionen – beim Rest der Bevölkerung schlecht ankommt.
Die Kinder und Jugendlichen von „Fridays for Future“ und „Letzte Generation“ haben keinerlei Sach- und Fachverstand, keinerlei handwerkliche Fertigkeiten und Fähigkeiten und werden irgendwann genauso schnell im weißen Rauschen verschwinden wie sie daraus aufgetaucht sind.
Ihre Forderungen – Tempolimit und 9-Euro-Ticket – zeigten doch, dass sie von dem, wofür sie vorgeblich eintreten – das Klima – nicht das Geringste verstehen.
Haben Sie Lisa Neubauer schon mal reden gehört? Die spricht in atemberaubender Geschwindigkeit so viel Unsinn, dass sie sich nicht mal für eine Funktionärskarriere bei den Grünen empfiehlt. Denn dort muss man den servierten Quark breittreten, um die Stattlichkeit eines Dostojewskischen Großinquisitors wenigstens zu simulieren.
Klar, die Zeiten für Savonarolas Kinderarmee sind heute nicht mehr so günstig. Vor fünfhundert Jahren wären die Leute aus ihren Autos gestiegen und hätten sich danebengeklebt und die Museumsdirektoren von Florenz bis London hätten die wertvollsten Kunstwerke unter dem Beifall der Massen zu Klebestationen gebracht. Heute landen die Kids vor Gericht. Es gäbe keinen Fortschritt? Quatsch! Es fehlt bloß an Tempo.