Den Festnahmen und dem – ja, wie soll man es anders nennen – Mediengewitter im Zuge der Razzia gegen Reichsbürger sind zu wenig handfeste Informationen gefolgt. Die Fakten,, die man den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes bislang angeboten hat, sind ein bißchen dünn. Dass die diffuse Szene aus Reichsbürgern, Rechtsextremisten, AfDlern, Esoterikern, Verschwörungsgläubigen etc. demokratiegefährdend ist, steht für mich nicht erst seit August 2020, als diese Leute drauf und dran waren, den Bundestag zu stürmen, außer Frage. Dass die Razzia stattgefunden hat, finde ich ebenfalls richtig, wichtig, notwendig. Dass es eine Reihe Leute in diesem Land zu geben scheint, die glaubten, in einer Corona-Diktatur zu leben, finde ich weder lustig noch kann ich der Tatsache, dass diese Leute Hirngespinsten aufgesessen sind, irgendetwas Beruhigendes abgewinnen. Denn erstens enden Hirngespinste nicht selten mörderisch und zweitens wissen wir seit letztem Mittwoch leider immer noch nicht so furchtbar viel mehr. Auch nicht, seit gestern Innen- und Rechtsausschuss tagten. Dass dieser Staatsstreich, wäre er je ausgeführt worden, wahrscheinlich nicht erfolgreich gewesen wäre, vermute ich, weil Terrorexperten wie Peter Neumann das bestätigen.
Was mich seit letztem Mittwoch stutzig macht, ist etwas anderes. Es waren nicht irgendwelche AfDler, es waren Journalisten vom Deutschlandfunk, Stefan Niggemeier vom linken Blog ÜberMmedien, der liberale Tagesspiegel und die Neue Zürcher Zeitung, die Bedenken wegen der starken Medienpräsenz bei den Verhaftungen äußerten. Jedem Juristen leuchtet das sofort ein. In einem Rechtsstaat gilt bis zum richterlichen Schuldspruch die Unschuldsvermutung. Wen man vor laufenden Fernsehkameras festnimmt, setzt man einer Vorverurteilung aus. Entweder hat man dafür gute Gründe, etwa weil die Beweislast durch die Ermittlungen erdrückend ist, oder man hat den Täter auf frischer Tat ertappt. Das ist das eine.
Das andere ist die fortwährende Präsenz von SPD-Politikern, einschließlich der Innenministerin, in den öffentlich-rechtlichen Medien seit vergangenem Mittwoch, die unablässig betonen, wie gefährlich die Festgenommenen sind und die unausgesetzt all jene Vergleiche ziehen, die sie uns im gleichen Atemzug auffordern, bitte bloß nicht anzustellen: zur RAF (Sebastian Fiedler), weil die angeblich ungleich harmloser gewesen wäre oder zur Clankriminalität (ebenfalls Sebastian Fiedler indirekt mit Verweis auf den nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul, der Clankriminalität bekämpft; Helge Lindh). Wieso heben SPD-Politiker die Gefährlichkeit dieser Staatsstreichtruppe und des Rechtsextremismus in diesem Land unausgesetzt so übertrieben hervor? Man bekommt dadurch erst die Zweifel, die man vorher überhaupt nicht hatte!
Dass die SPD nicht aus Kommunikationsgenies besteht, ist bekannt. Warum sie aber ihre, durch die Russland-, Iran- und Islam-Politik ihrer Vertreter ohnehin schwer angeschlagene Glaubwürdigkeit so ausdauernd aufs Spiel setzt, bleibt ihr Geheimnis.
Die AfD würde ich lieber gestern als heute aus dem Bundestag verschwinden sehen. Doch diese Partei aus dem Parlament zu kegeln, wird nur über die Wählerschaft in diesem Land gelingen. Und die überzeugt man nicht dadurch, dass man ihnen etwas auftischt, zu dem man sich selber und andere erst noch überreden zu müssen scheint. Die zieht man nur auf seine Seite, wenn man sie ernst nimmt.
Einer der Faktoren, die mit Sicherheit eine Rolle spielten, als die AfD 2017 ins Parlament gelangte, war der Mangel an Debattenkultur. Angela Merkel sedierte die Bürger, moderierte Konflikte weg, anstatt sie auszutragen und zu gestalten. Was sie offenkundig überforderte, beschwieg und ignorierte sie. Die engagierten Bürger in diesem Land haben die Aufnahme so vieler Flüchtlinge mit anderer Sozialisation und anderer Orientierung hinbekommen. Irgendwann waren sie erschöpft. Und all das, was nicht funktionierte, , ja geradezu gefährlich für alle hier lebenden Menschen einschließlich der Flüchtlinge selbst wurde, kehrte man unter den Teppich.
Wer über diese Teppichbeulen stolperte, wurde für „rechts“ oder für „AfD-nah“ erklärt, was ziemlich unverschämt ist. Immer verbunden mit der Warnung, nur ja keinen Generalverdacht gegen Flüchtlinge in den Raum zu stellen. Was von denen, die ernsthaft an diesen Problemen arbeiteten, niemand getan hatte. Dass die AfD Übergriffe, Anschläge, Vergewaltigungen und Morde, die von Zuwanderern seit 2016 begangen wurden, überhaupt benutzen konnte, ist eine Folge des lautstarken Beschweigens dieser Taten.
Anstatt die Flüchtlinge einzubeziehen, die gut zurechtkommen, und eine offene Debatte über die Schattenseiten von Migration zu führen, so dass eine Aufspaltung Flüchtlinge versus Einheimische gar nicht erst entstehen kann, taucht man lieber ab, meidet das Thema, gibt unangebrachte Phrasen von sich, die, wie beim Mord an Susanna F. und auch jetzt wieder beim Mord an Ece S. einfach nur kaltschnäuzig und zynisch sind. Würden die Kommunalpolitiker und der baden-würtembergische Innenminister eine Versammlung der Bürger von Illerkirchberg einberufen, auf der darüber diskutiert würde, wie man solchen Übergriffen – es gab vor Ort 2019 die Vergewaltigung einer Vierzehnjährigen durch vier Flüchtlinge – entgegenwirken könnte, hätte erstens die AfD keine Chance, sich auf solche Fälle draufzusetzen, zweitens hätten die Einwohner nicht das Gefühl, dass sie dergleichen hinzunehmen hätten wie einen Kälteeinbruch im Winter und drittens würde es den Zusammenhalt in der Gemeinde stärken. Gibt es eine Flüchtlingsunterkunft mit jungen Männern vor Ort, müssen die Zivilgesellschaft und Politik dafür sorgen, dass die sinnvoll beschäftigt werden. Dazu gehört allerdings auch, dass Flüchtlingshelfer sich nicht in erster Linie als Anwälte der Flüchtlinge aufspielen und sie lediglich als Opfer wahrnehmen – wer es bis nach Deutschland geschafft hat, ist kein Opfer -, sondern als Menschen, die zu allem Möglichen befähigt sind, im Guten wie im Schlechten.
Vor allem wäre es gut, wenn die Flüchtlingshelfer und Innenministerin Nancy Faeser endlich aufhören würden, den Menschen mit lediglich vorläufigem Aufenthaltsstatus immer wieder vorzugaukeln, dass sie hierbleiben und ein Teil dieser Gesellschaft werden könnten. Diese Menschen spüren sehr genau, dass dies erstens nicht so sein wird, dass sie zweitens denen, die sich scheinbar so aufopferungsvoll um sie bemühen, herzlich egal sind. Es war schon bei ihrer Einreise in dieses Land klar, dass sie hierzulande keine Chance haben würden. Man kann niemanden ausbilden, der kaum oder gar nicht zur Schule gegangen ist, der sein Elend im Drogenrausch erstickt und engmaschige Betreuung bräuchte, für die hier kaum wer Kapazität aufbringen kann. Es ist übrigens egal, ob junge Männer alleine gekommen sind oder mit ihrer Familie. Das hat der Mörder Ali Bashar hinlänglich bewiesen. Mit der „Willkommenskultur“ haben sich ihre Protagonisten selber und den Flüchtlingen etwas vorgemacht.
Nutznießer war und ist die AfD, die dafür Wählerstimmen kassiert. Das Ineinander von aus dem Ruder gelaufener Flüchtlingspolitik und der Unfähigkeit der etablierten Parteien Probleme zu benennen und zu bearbeiten, sich dort die Kooperationspartner zu holen, wo nicht fröhliches Phrasendreschen den Vorrang vor Klartext und Kompetenz hat, bewirkte den Rechtsruck.
Die Aufdeckung des geplanten Staatsstreichs und der Polizeieinsatz – beides ist schlicht die Aufgabe der Exekutive – wird jeder vernünftige Bürger dieses Landes zu schätzen wissen. Was befremdet, ist der Eindruck, dass Politiker der SPD das medial wie einen PR-Gag zu benutzen scheinen. Auch das ein Baustein, den Rechtsextreme wiederum als Trittbrett nutzen. Ein Ende dieser beunruhigenden und gefährlichen Spirale sehe ich nicht.