Die documenta 15 wirkt auf mich wie eine altbekannte Agitpropveranstaltung mit den üblichen antisemitischen Codes. Ich verfolge die Auseinandersetzung um den durch die Schau propagierten Hass auf den jüdischen Staat vorwiegend über die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in der „Jüdischen Allgemeinen“, in der „Welt“ und der „Süddeutschen Zeitung“. Auffällig sind schon die Wahl der Interviewpartner, die Unbeholfenheit (?) der Fragen, Schuldabwehr und -umkehr in den beschriebenen „Kunst“werken.
Selbstverständlich wäre die Abwesenheit jüdischer Künstler aus Israel kein Problem, wenn nicht arabisch-palästinensische Künstler aus dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen Mitglieder des „Künstlerkollektivs ruangroupa“ wären. Das ist der entscheidende Punkt! Nicht die allgemeine Frage, wer weltweit eingeladen wurde und wer nicht. Deshalb ist das Fehlen jüdisch-israelischer Künstler auf der documenta 15 eine konsequente Umsetzung des antisemitischen BDS-Boykott-Programms. Finanziert durch die Bundesrepublik Deutschland, trotz des Bundestagsbeschlusses vom Mai 2019, die antisemitische BDS-Kampagne nicht mehr zu fördern. Die documenta-Organisatoren haben sich darüber hinweggesetzt und darin besteht der Skandal. Selbstverständlich ruft ein in eine amerikanische Flagge gehülltes Schwein die Bildsprache der christlichen UND islamischen Judenfeindschaft auf. Das in Abrede zu stellen, wie gestern (19.6.) der Kunstkritiker Carsten Probst in der Sendung „Kultur heute“, verrät maximales Nicht-wissen-wollen, aber mit Sicherheit keinen kunst- und kulturhistorischen Sachverstand. Selbstverständlich ist der „McCarthyismus“-Vorwurf, der als Retourkutsche seit zwei Jahrzehnten immer dann erhoben wird, wenn Kritiker aus dem demokratischen Milieu linken Antisemitismus thematisieren und anprangern, eine billige Schuldumkehr- und Schuldabwehrstrategie. Sie nachzuplappern, wie das gestern Herr Probst getan hat, erweckt nicht unbedingt den Eindruck, dass er die gesellschaftliche, politische und künstlerische Auseinandersetzung einordnen kann. Im Gegenteil. Selbstverständlich ist der Anti-BDS-Beschluss des Bundestages 2019 von Mitte-Parteien initiiert und von einer breiten Parlamentariermehrheit aus CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP getroffen worden. Er wird also von der demokratischen Mitte getragen. Und nicht von der AfD, die zwar ihrerseits einen Antrag eingebracht hatte, der jedoch nicht berücksichtigt worden ist. Den parlamentarischen Anti-BDS-Beschluss auf die AfD zurückzuführen, ihn gar von ihr „gesteuert“ zu sehen, verrät viel vom alten sowjetischen Verschwörungsglauben, aber nicht unbedingt ein an Fakten orientiertes politisches und kulturelles Einschätzungsvermögen. Worauf das Märchen vom rechtspopulistischen Ursprung des Anti-BDS-Beschlusses von 2019 hinauswill, ist auch klar: von der AfD ventilierte Islamfeindschaft. Immerhin kommt „ruangrupa“ aus Indonesien und das ist das Land, in dem weltweit die meisten Muslime leben. Da isse wieda, Wolfgang Benz‘ „falsche Analogie“ (Schwarz-Friesl/Friesel) von Antisemitismus und „Islamophobie“, die unter anderem den Effekt zeitigt, Islamismus und islamischen Antisemitismus zum Verschwinden zu bringen, ja zu leugnen.
Das wird auf der diesjährigen documenta durch das „Künstler“projekt „The Question of Funding“ deutlich, die eine von der islamistischen Terrorgruppe Hamas inspirierte Deutung von Geschichte und Gegenwart anbietet. Wenn die Bildcollage „Guernica-Gaza“ von Mohammed Al-Hawajri die israelische Armee mit der deutschen Wehrmacht, genauer mit der deutschen „Legion Condor“ assoziiert, die im Spanischen Bürgerkrieg die Kleinstadt Guernica ausgelöscht hatte, greift er nicht nur auf die altbekannte antisemitische „Warschau-Gaza“-Analogie zurück, sondern auch tief in die Mottenkiste der sowjetischen Täter-Opfer-Umkehr, die in den Israelis die neuen Faschisten bzw. Nazis und in den arabischen Palästinensern die neuen Juden sah. Seine Quellen hat dieser antisemitische Propagandaschlager im Panarabismus und Panislamismus des Mufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, die auch Gamal Abdel Nassers arabischer Sozialismus fortsetzte – erinnert sei u. a. an die Bandung-Konferenz vom April 1955, die in Indonesien stattfand https://de.wikipedia.org/wiki/Bandung-Konferenz -, in Jassir Arafats PLO, im gesamten, von der Sowjetunion beherrschten Ostblock, vor allem in der DDR, deren Bewohner ja einst überwiegend genauso in die NS-Diktatur und den NS-Judenmord verstrickt gewesen sind wie ihre Brüder und Schwestern in der alten Bundesrepublik. Daraus resultierte die Palästinasolidarität im Osten und die der Neuen Linken im Westen. .
Und diesen über die letzten Jahrzehnte mehrfach erkalteten, abgestandenen Kaffee setzt das documenta-Organisatorinnen-Team der Welt jetzt als letzten künstlerischen Schrei vor? Das ist ideologisch verquaster Agitprop aus der Mitte des letzten Jahrhunderts! Und so sollte das von der Kunstkritik, von Journalisten, Politikern und dem Publikum auch betrachtet werden. Abgesehen von dem massiven Antisemitismusproblem, den die documenta 15 unzweifelhaft hat.