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Es muss sich nur noch rumsprechen

Zum Beispiel, dass Jesus Jude war, seine Jünger und selbst die Evangelisten bis hin zu Johannes! Sie sprachen und handelten in der jüdischen Tradition ihrer Zeit.

Vor kurzem hörte ich über einen öffentlich-rechtlichen Sender, dass das Christentum angeblich mit den alten Rache-Vorstellungen des biblischen Judentums gebrochen hätte. Klar: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ … Weder hatten die Moderatorin noch der interviewte Wissenschaftler, der Buchautor, jemals zur Kenntnis genommen, dass die von ihnen bemühte Formel so ziemlich das Gegenteil von dem besagt, was sie mutmaßten. Die Formel spielt auf die Rechtspraxis des biblischen Judentums an, die statt Rache Schadenersatz fordert: Wenn ich mit meinem Blindenstock versehentlich jemanden um sein Augenlicht bringe, bin ich verpflichtet, für den ihm entstandenen Schaden aufzukommen! Ist er von Beruf Mathematiker, Laborassistentin oder gar Optiker, habe ich Pech, denn er oder sie kann seinem Existenzerwerb nicht mehr nachgehen und ich habe jetzt die Pflicht, dafür aufzukommen, ihm oder ihr diesen Ausfall zu ersetzen. Ist er oder sie nur Literaturwissenschaftler/in wie ich, könnte ich mit einem blauen Auge davonkommen, denn er oder sie kann ihren oder seinen Beruf weiter ausüben. Das besagt die schlecht übersetzte Formel „Auge um Auge“ und eben nicht, dass eer oder sie mir das Augenlicht nehmen dürfe. Statt Rache also Schadenersatz.

Dann las ich ein wunderbares Interview. Es endete mit der Feststellung der Interviewerin, dass schon das Christentum mit der Unsitte aufgeräumt habe, Ehebrecherinnen zu steinigen. Was ja Jesus zeigt. Blöd nur, dass Jesus Jude war und unter Garantie kein Christ. Klar, es gab die Judenchristen, aber die begannen mit den Heidenchristen aufzuhören, eine Rolle zu spielen. Ehebrecherinnen gab es in der jüdischen Tradition so einige: Batseba beispielsweise, die Mutter König Salomos. Überhaupt gab es einige nach christlichem Verständnis unanständige Frauen, die aber großartige Auftritte in der jüdischen Tradition haben durften. Sei es Tamar, die im Stamm Jehuda groß rauskam, oder sei es Ruth, die als Moabiterin ins Judentum einheiratete, um eine der direkten Vorfahren Davids zu werden. Mit Deborah haben wir eine Richterin und auch sonst geht es im Tanach zu wie im richtigen Leben. Jesus wusste das.