Der brave Soldat Schwejk, der den meisten deutschen Lesern in der Übersetzung Grete Reiners ein Begriff geworden sein wird, auch wenn man Reiners Böhmakeln inzwischen oft kritisiert, ist unsterblich, weil die Figur jeden Autoritarismus sticht, nicht nur beim Militär https://www.kulturforum.info/attachments/podcasts/20210518_Schwejk_Melde-gehorsamst.mp3. Das besondere „kakanische“ Flair ist für das Verständnis der Figur wichtig, aber sie erschöpft sich darin nicht. So viel lässt sich nach einem Jahrhundert sagen: Schwejk ist so übertragbar wie der Ritter von der traurigen Gestalt. Es gibt neben Donquichotterien und Chaplinaden auch Schwejkjaden.
Schwejks liebenswerte Einfalt besteht darin, einem Kanarienvogel und einer Angorakatze einen Wandel durch Annäherung aufzunötigen, ein Begegnungsprojekt zu initiieren sozusagen, das dann nur einer der Projektpartner überlebt. Oder Geld für einen Feldkuraten zu besorgen, indem man ihm Alimentepflichten andichtet und den ebenso neugierigen wie geilen Offizieren die Adresse einer gehörlosen alten Frau andreht. Auch den Pinscher eines Oberst für den eigenen Dienstherrn zu klauen, der dann beim Gassigehen prompt mit dem Diebesgut vom höheren Dienstgrad gestellt wird, bekommt nur hin, wer wie Schwejk auf der Stelle alles besorgen, jeden Wunsch erfüllen, jede Aufgabe im Handumdrehn erledigen kann. Auf seine milieutypische Weise, in seiner unbedarften Art, so dass man ihn beschimpfen, aber weder bestrafen noch erziehen kann. Denn Schwejk übererfüllt, was immer man zu tun ihm aufträgt.
Schwejk ist kein Menschenfreund, kein Tierfreund, kein Umstürzler und kein Barbar. Und dies zu einer Zeit, in der diese Ideen und dieses Verhalten beliebt gewesen sind. Jaroslav Hasek, Schwejks Erzeuger, gelang es gerade deshalb, mit seiner Figur eine Welt in ihrem Zusammenbruch vorzuführen.