Die Israel-Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen Medien war während des letzten Gaza-Kriegs von arabisch-palästinensischer Propaganda gefärbt. Hörer des Deutschlandfunks erfuhren beispielsweise nicht, weshalb die Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad die israelische Zivilbevölkerung im Mai 2021 erneut und noch aggressiver als zuvor mit einem Raketenbombardement überzogen hatten. Ziel beider Organisationen ist erklärtermaßen die Zerstörung Israels und die Tötung so vieler Juden als möglich, für dessen Umsetzung es ihnen glücklicherweise an militärischer Stärke fehlt, das sie aber nicht müde werden, in Abständen durch tödliche Raketenattacken zu bekunden und zu verfolgen https://www.americanpurpose.com/articles/fascism-with-a-religious-face/. „Auslöser“ oder „Anlässe“ um loszuschlagen, benötigen sie für ihre Attacken nicht, nutzen aber regelmäßig das eine oder andere Ereignis als Vorwand, um sich als die ‚wahren‘ Interessenvertreter der Palästinenser darzustellen und ihre politische Konkurrentin Fatah auszustechen, die im Westjordanland herrscht. Weder die Hamas noch die Fatah haben ein Interesse an einem gelingenden Zusammenleben von jüdischen und arabischen Israelis, geschweige denn an einer Lösung des Konflikts.
Und weder der Immobilienstreit im Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah noch die Einsätze der israelischen Polizei am Tempelberg waren die „Ursachen“ des von Hamas und Islamischem Dschihad begonnenen jüngsten Gaza-Kriegs https://www.juedische-allgemeine.de/israel/aber-was-ist-denn-mit-sheikh-jarrah/, auch wenn die Nahost-Korrespondenten des Deutschlandfunksgenau das wieder und wieder suggerierten. Die hohe Kunst der Auslassung, die Berichterstattung zu Propaganda macht, bestand unter anderem darin, akribisch die Opfer – Kinder, Frauen, Männer – im Gaza-Streifen zu nennen, ohne je zu erwähnen, warum und wie es zu dieser hohen Zahl an Opfern kam: Kein Wort über die Praxis der Hamas, die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen, kein Wort über Raketenabschussrampen in unmittelbarer Nähe ziviler Einrichtungen wie Schulen, Kranken- und Wohnhäusern, kein Wort über das Rekrutieren Minderjähriger als dem Märtyrertod geweihte „Kämpfer“, kein Wort darüber, dass ein Teil der von Hamas und Islamischen Dschihad abgefeuerten Raketen im Gaza-Streifen selbst niedergingen und die dortige Bevölkerung gefährdeten https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/die-unschuldigen-opfer-der-hamas/. Auch die Tatsache, dass die Hamas die im Gaza-Streifen lebenden Palästinenser unterdrückt, die für sie bestimmten Hilfsgelder für Waffen und Terrorinfrastruktur zweckentfremdet, Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Morden in einer Tour begeht, blieb unerwähnt. Von Terroristen war nie die Rede, allenfalls von „radikalen Palästinensern“ oder, wenn es hochkam, von der radikalislamischen Hamas. Bei unbedarften Hörern setzte sich folgendes Bild fest: In Israel werden Palästinenser ungerecht behandelt, woraufhin die Hamas mit einem Raketenbombardement reagierte, das die israelische Armee mit Verteidigungsschlägen quittierte, die sehr viel mehr Opfer unter der palästinensischen Zivilbevölkerung forderte als der Raketenbeschuss unter israelischen Zivilisten. Das ist das die Fakten verzerrende Propagandabild, das die Terrorgruppe Hamas der Weltöffentlichkeit präsentieren und vermitteln will. Und mit Hilfe öffentlich-rechtlicher Medien hierzulande gelingt ihr das auch wieder und wieder.
Informationen wie die, dass es sich bei der Hamas um einen Ableger der antisemitischen Muslimbruderschaft handelt, sie von den Mullahs im Iran finanziell und logistisch gefördert und mit jedem Terroranschlag auf Israel finanzkräftiger wird, mussten sich die Hörer gleichfalls woanders beschaffen. Panislamismus, für den die Hamas steht, und Panarabismus, für den die PLO steht, hatten in der arabisch-palästinensischen Nationalbewegung seit Mohammed Amin al-Husseini, dem Mufti von Jerusalem, ihre bis heute gepflegten Traditionen. Das ist der Grund, weshalb die Hamas und die PLO al-Husseini bis zum heutigen Tag als einen ihrer Pioniere und Märtyrer verehren und feiern.
Asymmetrie? Gleichrangige Partner? Zwei legitime „Perspektiven“?
Hamas-Vertreter blieben den Zuhörern und Zuschauern öffentlich-rechtlicher Medien erspart, auch wenn Helga Baumgarten, emeritierte Professorin der Birzeit-Universität (zu welcher jüdische Israelis keinen Zutritt haben), sich im ZDF und im Deutschlandfunk als Hamas-nahes Sprachrohr der Palästinenser gefallen durfte. Im Talkformat Phoenix-Runde „Eskalation in Nahost – Droht ein neuer Krieg?“ trat am 12. Mai Khouloud Daibes als PLO-Vertreterin auf.
Die PLO unter Jassir Arafat hat es mit Unterstützung des Ostblocks und einem hohen Propagandaaufwand in den siebziger Jahren verstanden, den israelisch-palästinensischen Konflikt, der ein lokaler war und ist, zum Mittelpunkt globalpolitischer Interessen hochzuspielen und ihm eine Bedeutung zu verleihen, die er nie hatte und bis heute nicht hat.
Als erstes beschwerte sich Khouloud Daibes darüber, dass die Weltöffentlichkeit keine Kenntnis mehr von den Palästinensern nehme, nichts zur Konfliktlösung beitrüge und Israel nicht zwingen würde, die UN-Resolutionen umzusetzen, die das aus mehrheitlich diktatorisch und autokratisch geführten Staaten bestehende UN-Gremium gegen den jüdischen Staat fast schon am Fließband verabschiedet. (Um die Qualität der Arbeit des Gremiums einzuschätzen, sei an die Resolution 3379 erinnert, die Israel auf Betreiben der PLO als Apartheidstaat und den Zionismus als Rassismus verurteilt hatte, und die 1991 vom gleichen Gremium zurückgenommen worden ist. https://de.wikipedia.org/wiki/Resolution_3379_der_UN-Generalversammlung) In der Tat hat sich die PLO 1993/4 zeitweilig vom Terrorismus verabschiedet und sich der Weltöffentlichkeit nicht mehr durch Terrorakte wie Flugzeugexplosionen, -entführungen, Geiselnahmen, Morde oder initiierte Bürgerkriege in Jordanien oder dem Libanon in Erinnerung gebracht. Doch auch die Palästinensische Autonomiebehörde distanziert sich nicht glaubwürdig vom Terrorismus wie die von ihr entwickelten Schulbücher für das Westjordanland belegen. Das verschwieg Khouloud Daibes ebenso wie die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die Korruption und die Israelfeindschaft, die der von ihr vertretenen Behörde zu Recht vorgeworfen werden. Mahmud Abbas hält den Staat Israel für ein koloniales Projekt, leugnet die historischen Bezüge der jüdischen Israelis zur Region und äußerte sich auch offiziell vor internationalen Institutionen antisemitisch.
Daibes ließ in vielen ihrer Äußerungen durchblicken, dass sie sich mit der Existenz des Staates Israel schwertut – die Palästinenser hätten 1948 angeblich 78 Prozent ihres Territoriums verloren, so als wäre das Staatsgebiet Israels zuvor arabisches Volkseigentum gewesen, und als hätte der von arabischer Seite zurückgewiesene UN-Teilungsplan von 1947 nicht auch einen arabischen Staat vorgesehen -, dass sie die Gewalt palästinensischer Jugendlicher gegen Juden am Tempelberg (die Tradition, Juden an der Kotel mit Steinen zu bewerfen, reicht ins 19. Jahrhundert zurück) für friedliche und damit legitime Proteste hielt und die PLO für eine Art Menschenrechtsorganisation. Niemand widersprach ihr.
Der in deutschen Medien bislang recht gefragte Nahost-„Experte“ Michael Lüders sprach aus der „Perspektive“ der Hamas, wobei er Fakten entweder unterschlug oder verdrehte: Die Palästinenser hätten in Verhandlungen mit Israel nichts bekommen, stünden mit dem Rücken an der Wand und wendeten deshalb aus Verzweiflung Terrorgewalt an. Dass die Hamas nur deshalb ihre Diktatur errichten konnte, weil Israel sich im Jahr 2005 nach der Devise „Land für Frieden“ aus dem Gaza-Streifen zurückgezogen hatte, übersah er dabei ebenso wie die Tatsache, dass sowohl die Hamas als auch die PLO jahrzehntelang Terrorgewalt gegen israelische (und andere) Zivilisten ausgeübt hat, der Einsatz von Terrorgewalt in den letzten beiden Jahrzehnten folglich keine Ultima ratio gewesen sein kann. Es war und ist die Hamas, die den Gaza-Streifen heruntergewirtschaftet hat und für die unhaltbare Situation der dort lebenden Palästinenser verantwortlich ist. Lüders Darstellung, wonach die Palästinenser ein schwacher und ohnmächtiger Akteur und die Israelis ein starker Machtfaktor seien, bemüht die Vorstellung einer für den „Experten“ offenbar unerträglichen Asymmetrie.
Nun stimmt es, dass der Staat Israel mit seinen Streitkräften den palästinensischen Extremisten militärisch, wirtschaftlich und politisch weit überlegen und ein anerkanntes Völkerrechtssubjekt ist. Andernfalls würde der jüdische Staat längst nicht mehr existieren. Die Asymmetrie zwischen den Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad auf der einen Seite und dem Staat Israel auf der anderen ist erstens eine hart erkämpfte Lebensversicherung für jüdische und arabische Israelis, Drusen, Beduinen, Samaritaner, Bahai. Der Gehalt dieser Asymmetrie besteht zweitens im Gegensatz zwischen illegitimer politisch-militärischer Gewalt seitens arabischer Extremisten und einer demokratisch legitimierten, rechtsstaatlich verfassten Ordnung. Asymmetrien dieser Art bestehen glücklicherweise zwischen Extremisten aller Couleur und demokratisch-rechtsstaatlichen Ordnungen überall auf der Welt. Würde man die RAF, den NSU oder IS-Kämpfer als eine von zwei legitimen Seiten um die Darlegung ihrer Positionen in öffentlich-rechtlichen Medien bitten? Sicher nicht. Aber die Hamas et al soll eine genauso legitime Vertreterin der Palästinenser sein wie der Staat Israel für die Israelis? Das ist, was man false balance nennt! Und dies ist keine Frage von Mehrheitsmeinungen, sondern eine qualitativer Unterschiede. Die nationalreligiösen jüdischen Extremisten, die es in Israel gibt, stellen dort weder eine Mehrheitsmeinung dar noch entgehen sie dem Rechtsstaat, wenn sie strafbare Handlungen begehen. Ganz zu schweigen davon, dass sie von der sehr heterogenen israelischen Öffentlichkeit verurteilt werden.