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Stellungnahme des Vorstands der deutschen Sektion von Scholars for Peace in the Middle East zur „Jerusalem declaration on antisemitism“

Wir lehnen die „Jerusalem Declaration on Antisemitism“ vom 26. März 2021 ab und weisen die haltlosen Behauptungen der zweihundert Unterzeichner zurück.

Die Initiatoren der hochtrabend als „Jerusalemer Erklärung“ ausgegebenen Meinungsäußerung bilden eine kleine Gruppe von Personen, die ihre israelfeindlichen Ressentiments seit Jahren plakatieren. Nun wiederholen sie ihre Ansicht, dass “Boykott, Divestment, and Sanctions (BDS) eine gewöhnliche, gewaltfreie Form politischen Protests gegen Staaten sei. Im Falle Israels sei dies auch an sich nicht antisemitisch” (Punkt 14). Das aber widerspricht der Resolution des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 2019, wonach BDS sehr wohl antisemitisch ist. Die kleine israelfeindliche Gruppe will sowohl diesen Beschluss als auch seine Grundlage, die IHRA-Arbeitsdefinition zum Antisemitismus, die den israelbezogenen einschließt, zu Fall bringen. Dieser Versuch ist misslungen.

Zu Recht haben das Journalisten wie Jürgen Kaube oder Alan Posener, Schriftsteller wie Rafael Seligmann und Wissenschaftler wie Monika Schwarz-Friesel in den vergangenen Tagen zum Ausdruck gebracht. Antisemitismus ist kein Spezialfall von allgemeinem Rassismus. In der IHRA-Arbeitsdefinition vom 15. Mai 2016 wird als antisemitisch definiert: u.a. „Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen“ und „Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.“

Die „Erklärung“ maßt sich an, die international geltende IHRA-Definition „präzisieren“, „verbessern“ und ersetzen zu wollen. Dabei sammelt sie nur dilettantisch zusammen, was Antisemitismus in ihren Augen so alles sein kann und was es keinesfalls sein darf und soll. Die massiven handwerklichen Fehler und Mängel sind unübersehbar. Albern wirkt die Versicherung, dass die „Erklärung“ keine Rechtskraft besitzt. Wie sollte sie das auch?!

Die von den Initiatoren als „wissenschaftlich“ postulierten Arbeitsergebnisse werden nie durch Mehrheitsbeschlüsse und durch Mobilisierung der Öffentlichkeit verifiziert oder falsifiziert. Auch offenkundige Fehlleistungen wie die der „Erklärung“ nicht. Weder wird der Forschungsstand zum Antisemitismus berücksichtigt noch genügt das Ergebnis wissenschaftlichen Standards.
Der durchsichtige Versuch, wissenschaftliches Arbeiten durch politischen Aktivismus zu ersetzen, darf als gescheitert gelten. Denn eine Forschungsposition kann man nicht „deklarieren“, sondern nur einer dafür qualifizierten Fachöffentlichkeit zur weiteren Diskussion und Begutachtung vorlegen.

Das Fazit lautet: Wenn man ein neues Haus betritt, einem die Treppenstufen unter den Füßen wegbrechen und das Dach auf den Kopf stürzt, spricht man gewöhnlich von Pfusch am Bau. Wie weitere aufmerksame Leser mit Sachkenntnis diese „Jerusalem Declaration on Antisemitism“ bezeichnen, ersparen wir dem Publikum.

Berlin, den 2. April 2021