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Wie müsste eine glaubwürdige Antwort auf den Mord an Samuel Paty aussehen?

Nachdem die dänische Tageszeitung „Jyllands Posten“ im September 2005 Mohammed-Karikaturen veröffentlicht hatte, war ich noch der Ansicht, dass man den Abdruck im Interesse des inneren Friedens und des gegenseitigen Respekts hätte lassen können. Bald darauf änderte ich meine Ansicht. Aufgrund der Terroranschläge in europäischen Großstädten von Madrid über London bis Paris, Toulouse, Nizza, Brüssel oder Berlin. Bereits die bedrohlichen Proteste gegen Salman Rushdies „Satanische Verse“ im Jahr 1989 – wer diesen Roman je gelesen hat, kann bestätigen, dass es sich um Religionskritik in bester aufklärerischer Tradition handelt und auch die britischen Rechtsextremisten dabei schlecht wegkommen – hatten aller Welt zu verstehen gegeben, wohin die Reise in den kommenden Jahrzehnten gehen würde. Zugegeben, das ist eine rückblickende Einsicht.

Der Mord an Samuel Paty am vergangenen Freitagnachmittag bei Paris hat wieder eine neue Qualität. Jetzt sind es nicht mehr die Schöpfer von Karikaturen, sondern diejenigen, die diese Karikaturen zeigen. Nicht aus Bosheit, „Islamophobie“ oder „antimuslimischen Rassismus“, sondern weil sie ihren Bildungsauftrag wahr- und ernstnehmen und die in Europa geltenden Werte u. a. der Meinungsfreiheit vermitteln. Zu ihnen gehört das Recht, sich über Religionen lustig zu machen und sie nach Strich und Faden durch den Kakao zu ziehen. Der ermordete Geschichtslehrer hatte Medienberichten zufolge den Schüler_innen islamischer Konfession freigestellt, den Unterrichtsraum während der Ausführungen über die gezeigten Mohammed-Karikaturen zu verlassen und eine Praktikantin zu ihrer Beaufsichtigung organisiert, ist demnach seiner Fürsorgepflicht nachgekommen. Es hat nichts genutzt. Er ist tot. Den Medien war ebenfalls zu entnehmen, dass Eltern disziplinarische Maßnahmen von der Schulbehörde gegen Paty gefordert hatten und einige von ihnen hatten in den sozialen Medien gegen ihn mobilisiert. Im übrigen spricht der Deutschlandfunk noch heute vom islamistischen Mörder als einem „mutmaßlichen“. Das ist angesichts seines Bekennerschreibens obsolet.

Gestern haben sich Tausende Franzosen gleich welcher Herkunft mit Samuel Paty solidarisiert. Es wird Zeit, dass dies auch die vierte Gewalt europaweit tut und die Mohammed-Karikaturen zusammen mit anderen Karikaturen religiöser Figuren jeglicher Konfession auf ihren Titelseiten abdruckt. Denn es geht um eben jenes Recht, ohne das sie zu existieren aufhören müsste: die Meinungsfreiheit.