Spaßvögel hatten vor Jahren am gleichnamigen Berliner U-Bahnhof aus der Mohren- eine Möhrenstraße gemacht. Jetzt wird die alte Berliner Mohrenstraße nach einem BvV-Beschluss in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umbenannt. Wieviel damit gewonnen ist, bleibt abzuwarten. Denn es ist zwar begrüßenswert, dass ein Schwarzer durch eine Straßenbenennung gewürdigt wird, doch hat diese Aktion ein paar Haken. Anton Wilhelm Amo war der erste Schwarze, der an einer deutschen Universität promoviert wurde und später als Gelehrter gewirkt hat. Gewiss, Amo war als „Eigentum“ des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel Aufgewachsen, aber dessen Mäzenatentum haben ihm Lebensbedingungen ermöglicht und Bildungswege eröffnet, von denen die meisten Europäer zur damaligen Zeit, in der die Leibeigenschaft längst nicht flächendeckend abgeschafft worden war, noch nicht einmal träumen konnten. Was Amo bis heute beweist, ist die Irrelevanz von Hautfarbe und Herkunft für Bildungsfähigkeit und Bildungserfolg. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Amo zum „Vordenker“ Immanuel Kants zu erhöhen, wie es einige der Kuratoren einer Ausstellung über ihn tun, ist kontraproduktiv. Denn erstens lässt sich anhand von Amos Schriften leicht zeigen, dass Kants philosophische Einsätze ohne sie zustande gekommen sind. Zweitens stellt das Mäzenatentum der Braunschweiger Herzöge auch eine Art Exotismus dar und würde drittens einer der Lieblingslegenden deutscher Kolonialaspirationen um 1900 neue Nahrung liefern: Als segensreich stellte sich die deutsche Kolonialbewegung im Unterschied zur britischen und französischen dar, weil sie versprach, die Schwarzen zu erziehen und zu bilden und sie in diesem Sinne zu „heben“. Viertens – ungleich gewichtiger – wird Amo diese Ehrung aufgrund seiner Hautfarbe zuteil und nicht wegen seiner Verdienste. Martin Dibobe, der erste schwarze Zugführer der Berliner Verkehrsbetriebe wäre eine bessere Wahl gewesen, weil er unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs Bürgerrechte eingefordert hatte und das ist zweifellos ein Verdienst. Dass der Ausdruck „Mohr“ bei Aktivist/innen Anstoß erregt hatte, ist aber ohnehin eher ihrem magischen Denken geschuldet als einer problematischen Begriffsgeschichte. Besser wäre es, kostspielige Umbenennungen zukünftig nur dann vorzunehmen, wenn die aktuellen Namensgeber/innen historisch nachweisbar und nicht nur dem subjektiven Empfinden nach belastet sind, entwürdigen oder unzweideutig abwerten. Für den Terminus „Mohr“ trifft das aber ebenso wenig zu wie für das heute nicht mehr gebrauchte, aber von Martin Luther King, Hannah Arendt oder Theodor W. Adorno sehr wohl noch benutzte N-Wort oder die Bezeichnung „schwarz“. Auch das Wort „Frauen“ ist zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlichen Kontexten mit abwertenden Konnotationen versehen und stereotyp eingesetzt worden. Frauen als das zu betrachten, was misogyne Menschen mit ihnen verbunden haben, käme heute niemandem mehr in den Sinn, obwohl das Wort nie verbannt worden war. Denn nicht Worte sind gefährlich, sondern das, was man mit ihnen macht.